KONZERT
Welt-Uraufführung von Joachim Raffs Klavierkonzert in c-Moll. Das erlebt man nicht häufig: Die Welt-Uraufführung eines Werkes, dessen Komponist vor 130 Jahren gestorben ist. Das Dr. Hoch’s Konservatorium, Frankfurt am Main, Leiter Mario Liepe, feiert das Gedenken an seinen ersten Direktor. Joseph Joachim Raff, Zeitgenosse von Liszt und Schumann, war zu Lebzeiten ein hochangesehener Musiker.Sein Oeuvre enthält Kompositionen aller Gattungen. Im Rahmen der Unternehmenskultur der Firma Evertz präsentierten Chor und Sinfonie-Orchester des Konservatoriums in der Werks- halle 11 des Unternehmens Raffs Klavierkonzert c-Moll und seine bisher nie aufgeführte Kantate „Die Sterne“. Schon mit der Ouvertüre zu „Wilhelm Tell“ zeigte das Orchester unter Leitung von Helmut Sohler sein hohes Niveau. Von der gefühlvollen Cellokantilene bis zum rasanten Schlussgalopp brachte Rossinis populäres Werk den Konzertbesuchern großes Vergnügen.Solist braucht nach stimmungsvollem Mittelteil ganze Kraft für den SchlussUmfangreich und von hohem Anspruch ist das einzige Klavierkonzert von Raff, vergleichbar etwa mit dem 2. Brahmskonzert. Im ersten Satz muss sich das Klavier gegen gewaltige Orchesterwogen behaupten. Nach einem stimmungsvollen Mittelteil braucht der Solist seine ganze Kraft und Geläufigkeit für den Prestoschluss. Die kurz vor dem Abschluss ihres Studiums stehende Ji-Ye Song bezauberte mit weichem, rundem Klavierklang und bewältigte ihren anstrengenden Part mit Bravour.
Unter Pseudonym schrieb die Tochter des Komponisten einen anrührenden Text für die Kantate „Die Sterne“, die Joachim Raff 1880, zwei Jahre vor seinem Tod, komponierte. Etwa 50 Sängerinnen und Sänger und das Konservatoriumsorchester, diesmal unter Olaf Katzer, brachten das sehr ansprechende Werk mit vorbildlichem Einsatz zum Klingen. Lang anhaltender Beifall.
KG, Solinger Tageblatt vom 25.06.2012
Ein ganzer Tag Musik in der Werkshalle von Egon Evertz
Von Wolfgang Günther
Die Halle 11 auf dem großen Gelände der Evertz-Gruppe am Birkenweiher dient als Ausstellungshalle, sie wird aber auch regelmäßig zum Konzertsaal eingerichtet. Im Rahmen von „Solingen 24 Stunden live" begann die Musik bereits am frühen Samstagmorgen mit Kostpro¬ben von Berufsmusikern und jungen Solisten.
„Das ist sehr gut angenommen, worden, ich bin mit dem Besuch zufrieden", sagte Firmengründer Egon Evertz. Ab Mittag musste dann das Podium erneut umgebaut werden, denn Mario Liepe, der frühere Leiter der Solinger Musikschule, war mit Chor und Sinfonie-Orchester des Frankfurter Dr. Hoch's Konservatoriums angereist. Er steht jetzt dieser Musikhochschule als Direktor vor.
Auf dem Programm standen Kompositionen von Joseph Joachim Raff (1822-1882). Nachschlagewerke würdigen Raff nur mit wenigen Zeilen, dabei war er ein ungemein fleißiger Tonsetzer von. Opern, Sinfonien und Kammermusik. Bei seinem einzigen Klavierkonzert op. 185 machte das Publikum Bekanntschaft in der Werkshalle auch mit der Virtuosität der jungen Pianistin Ji-Ye Song, das Or¬chester stand unter Leitung des Dozenten Helmut Sohler. Schwärmerisches Gedicht.
In klassischen drei Sätzen komponiert, erfreut diese spätromantische Musik mit eingängigen Melodien. Aus der Ferne grüßen die Romantiker des frühen .19. Jahrhunderts, ein wenig Wagner klingt an, die Musik, ist aber durchaus eigenständig. In seinen letzten fünf Lebensjahren war Raff Direktor des Frankfurter Konservatoriums, es blieb ihm nicht mehr viel Zeit zum Komponieren. Einige seiner Musikstücke blieben bis heute im Archiv, darunter auch die Kantate „Die Sterne", komponiert 1880. Raff hatte ein schwärmerisches Gedicht seiner 15-jährigen Tochter Helene in Töne gesetzt, die Kantate besingt das Firmament und den Glanz der Sterne. Auf Solostimmen hat Raff verzichtet, so war der Gesangspart allein dem großen Chor aus Frankfurt vorbehalten, Solisten konnten im Orchester glänzen. Dirigent Olaf Katzer hatte dieses große Ensemble fest im Griff. Zarte Töne der Violinen öffnen die Musik hin zu dramatischen Passagen, das Werk überrascht mit einer raffinierten Instrumentierung. Die Welt-Uraufführung in Solingen wird sicher weitere Chöre inspirieren, sich mit dieser Kantate zu beschäftigen, es lohnt sich.
Belcanto und Spätromantik
Eröffnet wurde das Konzert mit der dramatischen Ouvertüre zur Rossini-Oper „Wilhelm Tell". Die vielen Zuhörer in der Werkshalle erlebten ein Konzert mit der harmonischen Mischung von Belcanto und Spätromantik. Dafür dankten sie dem Chor und dem Orchester aus Frankfurt am Ende mit langem Beifall.
Solinger Morgenpost vom 26.06.2012
Fotos (16): Werksaufnahmen der Evertz Group Solingen