Mann wie Stahl

Egon Evertz vollbrachte wie schon vier Jahre zuvor der Mainzer Max Nathan ein Kunststück, das wohl auf alle Zeiten eine Novität bleiben wird: 1960 gewann der Solinger Stahl-Industrielle gleich drei deutsche Meistertitel - und das mit ein und demselben Auto. Im DKW 1000S errang er das Rallye-, Tourenwagen- und Rundstrecken-Championat.

In der darauffolgenden Saison stieg er trotz erneut führender Meisterschaftsposition Knall auf Fall aus dem Rennsport aus, weil die Geburt seines ersten Sohnes anstand "und mir das wichtiger war als alles andere".

 

Eine verlorene Wette nötigte ihn 15 Jahre später zum Comeback. Auf Anhieb wurde Evertz 1975 wieder Meister, diesmal mit einem Porsche Carrera RSR am Berg. Nebenbei teilte er sich mit verschiedenen Partnern die Cockpits diverser Porsche 935, 908-3 und 936 in der Langstrecken-WM, um sich nach zwei Jahren erneut und endgültig von der Rennpiste zu verabschieden.Aber der Jet-Pilot, Schachmäzen und Geigenspieler machte weiter Schlagzeilen. Jetzt faszinierte ihn der Bau eines eigenen Formel-I-Triebwerks auf Zweitaktbasis. Die 750-PS-Revolution fand nicht statt, das Projekt wurde noch während der Entwicklungsphase eingestellt: "Die FIA hat unerwartet ein Verbot für Zweitakter in der FI erlassen, damit konnten wir einpacken." Der enttäuschte Fabrikant zog endgültig einen Schlußstrich unter das Kapitel Motorsport und kümmerte sich fortan nur noch um sein Firmenimperium mit Stahlbau-, Schweißtechnik- und Flug-Unternehmen.

 

Das Schachspiel (Stadtmeister, mehrfacher Deutscher Meister und Team-Europacup-Sieger) sowie die Fliegerei gehören neben der Rennerei zu den Hobbys des Multi-Manns. Mit seiner "Gulfstream Commander" Turbopropmaschine stellte Evertz für die Nonstop-Strecken Düsseldorf-Toronto und zurück zwei Weltrekorde auf. Sein inzwischen aufgelöstes Flugunternehmen "Air Evex" galt als gute Adresse für Geschäftsreiseflüge, wobei der Chef selbst als ausgebildeter Kapitän in Jets und Propellermaschinen gut 7000 Flugstunden auf dem Buckel hat. Für seine Engagements als Unternehmer wurde Egon Evertz letztes Jahr mit dem "Bundesverdienstkreuz I. Klasse" ausgezeichnet. Seine Söhne (42, 39) sind bereits voll in die Firmengruppe integriert.

 

Das gibt dem 67-jährigen Solinger, der seit 44 Jahren mit Erika verheiratet ist, den nötigen Freiraum, um über den nächsten Coup nachzudenken: "Ich würde gerne eine komplette Weltumrundung im eignen Flieger machen."
 
Rainer Braun
MOTORSPORTaktuell
24.02.-01.03.2004