Wenn der weltweit größte Elektromagnet bis zu 330 Tonnen pro Stunde hievt; wenn in Fahrsicherheits-Zentren unvermutet Wasserhindernisse auftauchen: Dann ist - wie auf vielen anderen technischen Gebieten auch - spezielles Know-how der Firmengruppe von Egon Evertz (67) im Spiel.
Zu ihr gehören heute unter dem Dach einer 2003 gegründeten Holding rund 20 Unternehmen mit zusammen 525 Mitarbeitern. Allein 104 davon sind in der Klingenstadt tätig, darunter fünf Auszubildende. Keimzelle war die Egon Evertz KG, die der Firmenchef 1956 im Alter von nur 19 Jahren gründete. Ihr Erfolgsrezept war ein von dem jungen Gründer ersonnenes und patentiertes Verfahren zum Schweißen von Kokillen für den Stahlguss.
"Die Patente und ihre Weiterentwicklung waren die Basis für unsere Expansion", sagt der Vollblut-Unternehmer. Und nennt für den Wert seiner Erfindung eine Zahl: Allein Thyssen habe seinerzeit in nur wenigen Jahren 100 Millionen Mark dadurch gespart, dass alte Kokillen repariert wurden statt neue zu kaufen.
Hauptschwerpunkt der Evertz-Aktivitäten sind bis heute weltweite Service-Leistungen für die Stahlindustrie. Hier sind in erster Linie das jeweils von Evertz-Spezialfirmen besorgte Schleifen, Flämmen und Brennschneiden von Stahlbrammen zu nennen, aus denen etwa Autobleche gewalzt werden. "Und die müssen absolut fehlerfrei sein!", betont der Firmenchef.
Neben der Instandhaltung ist die Neubestückung von Maschinen für die Stahlherstellung eine Evertz-Domäne. So liefert die Gruppe etwa Segmente und Kokillen für Strangguss-Anlagen. "Wir widmen uns im Grunde nur unserem Kerngeschäft rund um die Stahlerzeugung bis hin zum Fertigprodukt", erläutert der agile 67-jährige, dessen Söhne Ralf und Stefan inzwischen mit im Unternehmen tätig sind.
Zu den Serviceleistungen gehört auch da Entzundern von gewalzten Stählen mittels Wasserdruck von bis zu 400 bar. Hydrotechnik heißt das Evertz-Unternehmen, das sich diesem Spezialgebiet widmet und dafür auch gleich die nötigen Düsen, Ventile und Pumpen entwickelt. Auch die Wasserhindernisse sind ein Produkt dieses Firmenzweigs.
Der Evex-Anlagebau - spezialisiert auf schweres Gerät wie Gießpfannen, die bis zu 80 Tonnen Schmelze fassen, und die dafür nötigen Transportwagen - ist von einst 40 auf nur noch acht Mitarbeiter geschrumpft. Der deutsche Schwermetallbau, so Egon Evertz, sei wegen der günstigen Lohnkosten der Ex-Ostblockländer inzwischen kaum noch konkurrenzfähig.
Klopp, die von Evertz vor Jahren aufgekaufte Traditionsfirma, ist ein "High-Tech-Laden", der nicht nur modernste Fräsmaschinen herstellt, sondern alte auch repariert. Bisher noch an der Prinzenstraße ansässig, ziehen die 20 Fachleute in Kürze zum Birkenweiher um, wo die Aktivitäten der Gruppe im Ex-Kieserling-Areal konzentriert sind.
"Ideenschmiede der Gruppe" ist der Maschinenbau, der auch neue Technologien entwickelt - wie die nach dem 11. September von Evertz selbst kreierte Sicherung für Objekte vom Atomkraftwerk bis zum Wolkenkratzer. Vorbild: Seile, wie sie im II. Weltkrieg Fesselballons festhielten.
"Unter den heutigen Rahmenbedingungen", befürchtet Evertz, "ist für Unternehmer keine Planungssicherheit gegeben. Wenn die CO2-Emissionen so reduziert werden müssen wie geplant, gibt es in 12 bis 15 Jahren kein deutsches Stahlwerk mehr."
Solinger Tageblatt, 7. Februar 2004
von Wolfgang P. Getta