"Das Unmögliche muß versucht werden"

"Geht nicht" gibt's nicht bei Egon Evertz: Der 65-jährige Solinger hat seine Gruppe mit 18 Unternehmen zu einem Top-Dienstleister im Stahl ausgebaut. Der einfache, aber riesige Schreibtisch im ersten Stock des früheren Kieserling - Gebäudes am Birkenweiher, der heutigen Zentrale der "Evertz-Group" ist immer noch prall gefüllt.

Von Ruhestand ist bei Egon Evertz, der am 04. November seinen 65. Geburtstag feierte, noch nichts zu spüren. Der Gründer und Patriarch des Unternehmens hat von der Energie, mit der er aus kleinsten Anfängen eine Unternehmensgruppe mit heute 860 Mitarbeitern schuf, noch nichts eingebüßt."Sie haben doch sicher auch gehört, daß man Atomkraftwerke nicht gegen einen Angriff mit einem vollgetankten Passagierflugzeug schützen kann", beginnt Egon Evertz das Gespräch, das sich eigentlich um sein Unternehmen drehen sollte. Gleichzeitig zieht er aus seiner Post des Tages ein Schreiben vom Patentamt. Sein 15. eingetragenes Patent im Jahr 2001 befasst sich mit einer "Vorrichtung zum Schutz von Anlagen und Einrichtungen vor äußeren Angriffen". Dass sogenannte Experten den Schutz vor einem Anschlag wie in New York für "unmöglich" erklärten, ließ dem 65-jährigen keine Ruhe. Sein jetzt patentierter Geistesblitz: Eine Zeltkonstruktion aus Stahlseilen über der zu schützenden Anlage. "Ein anfliegendes Flugzeug würde wie von einem Eierschneider in Scheiben geschnitten und keinen Schaden mehr anrichten", erklärt Egon Evertz.

 

Nebenbei zum Schweißfachmann

Diese Erfindung hat mehr mit dem Unternehmen "Evertz-Group" zu tun als es auf den ersten Blick scheint. "Damit das Mögliche entsteht, muß das Unmögliche versucht werden, lautet ein Lebensmotto von Evertz. Das Aufbegehren gegen scheinbar Unmögliches zieht sich wie ein roter Faden durch seine Vita. Mit 19 Jahren gründete er in Solingen seine Firma, nachdem er Bürokaufmann gelernt hatte und nebenbei in einem Hüttenwerk eine Ausbildung zum Schweißfachann absolviert hatte. Dabei entwickelte er seine erste Idee, die die Basis seines Unternehmens darstellen sollte: ein Schweißverfahren, das Standzeiten und Lebensdauer der zum Abgießen des flüssigen Stahls genutzten Gussformen entscheidend verlängerte.

 

Dieser Entwicklung fügte Egon Evertz in der Geschichte des Unternehmens noch viele hinzu. Neuanfertigung, Instandsetzung und Beschichtung von Stranggießkokillen sind noch heute ein wichtiger Bestandteil des Geschäfts. In den 70er Jahren weitete Evertz seine Unternehmungen auf die Bereiche Transport, Brandschutz und Galvano-Technik aus, gründete sogar eine eigene Fluglinie. "In den meisten Fällen waren wir mit den Leistungen anderer Unternehmen unzufrieden und haben es dann lieber selbstgemacht", erklärt Evertz.

 

Der Ausbau seines Unternehmens, wie es sich heute präsentiert, begann 1983 mit dem Erwerb einer Gießerei in Siegen.

 

"Die fünf Millionen, die das kostete, mußten wir uns komplett leihen", erinnert sich Egon Evertz. Seitdem fügte er Baustein um Baustein hinzu, um weltweit praktisch alle Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten für Stahlwerke durchführen zu können. Die Evertz-Group hat heute Produktionstätten in Solingen, Langenfeld, Herdorf, Dortmund, Duisburg, Salzgitter, Bremen, Wetzlar und IJmuiden (Niederlande). Die Patette reicht vom Anlagen- und Magnetbau über Hydrotechnik und Maschinenbau.

 

Die Verwaltung aller 18 Unternehmen erfolgt von Solingen aus. Die Söhne Ralf Evertz (40) und Stefan Evertz (37) sind als Ingenieure in die Fußstapfen ihres Vaters getreten, fungieren bereits als Geschäftsführer einiger Unternehmenseinheiten. Also doch bald Ruhestand für den Senior?

"Die Übergabe ist auf einem guten Weg, aber ich kann nicht von heute auf morgen nichts mehr tun", sagt Egon Evertz, der sich künftig vermehrt "nur noch die angenehmen Termine und Reisen" herauspicken will.

 

Dass ihm irgendwann langweilig wird, muß Egon Evertz aber nicht befürchten. Auch bei seinen Hobbies hat er stets Herausforderungen gesucht: Als Rennfahrer wurde er Deutscher Meister in drei verschiedenen Kategorien, als Spieler der SG Solingen 1868 war er am Deutschen Meistertitel im Schach beteiligt. Vor gut zehn Jahren grub er eine alte Leidenschaft aus: das Violinenspiel. Nach mehr als 40-jähriger Pause knüpfte er an erste Erfahrungen aus der Kindheit an. Was der Musiker Evertz zustande bringt, ist auf inzwischen sieben CDs festgehalten. Seine Freunde dürften zu Weihnachten die Nummer acht in ihrer Post finden.


von Martin Auer
Fotos: Christian Beier / U.Preuss