"Band oder Profildrahtspule in Elektro-Magneten"

Streit unter Fachleuten, Erfahrungen, Versuche und die Physik sprechen für den Profildraht.

 

Für das Heben und Transportieren ferromagnetischer Lasten sind Magnetsysteme die rationellste Lösung. Das Aufnehmen und Lösen der Lasten erfolgt schneller und sicherer als mit konventionellen Anschlagmitteln.

Der großflächige Lastangriff vermeidet Beschädigungen. Eine dichtere Lagerbelegung und größere Arbeitssicherheit sind weitere Vorteile. In Elektro-Magneten finden sowohl Band- als auch Profildrahtspulen Verwendung. Bei Herstellern und Reparaturwerkstätten gibt es unter- schiedliche Meinungen, welche Spulenart vorteilhafter ist.

 

Magnetspulen bestehen heute aus anodisierter Aluminiumfolie oder isoliertem Aluminium-Profildraht. Kupfer wird als Spulenwerkstoff wegen seiner gegenüber Aluminium 3,3fach höheren Dichte in Europa kaum noch verwendet, in den USA findet man dennoch oft Kupferspulen in Elektro-Magneten. Der EVERTZ Magnetbau Solingen GmbH & Co. KG - ein Betrieb aus der Evertz Gruppe - verfügt über umfangreiche Erfahrungen im Magnetbau. Sie reichen von kleinsten Systemen, deren Toleranzen, z. B. bei Bremsmagneten im Bereich von hundertsteln Millimetern liegen, über die Standardreihe von Rund- und Rechteck-Lasthebemagneten in leichter, normaler und schwerer Ausführung bis zu Sonderbauformen wie z. B. Separationsmagnete oder einem Magneten zum Transport von liegenden und stehenden Bandstahlcoils mit über 50 t Gewicht.In Solingen wurden auch die bisher wohl drei weltgrößten Elektro-Magnete gebaut. Beim Schrottumschlag war die Aufgabenstellung, eine Vorwärmanlage für einen Elektro-Ofen stündlich mit 330 t Schrott zu bedienen. Dazu standen nur zwei Kräne mit vorgegebenen Fahrgeschwindigkeiten zur Verfügung. Ein Magnet lag als Reservemagnet im Lager. Die Schrottdichte betrug 0,7 t/m³ . Die Entfernung des 100 Meter breiten Schrottfeldes vom Abladepunkt lag zwischen 20 und 60 Metern. Daraus ergab sich bei der Konstruktion ein Magnet mit einer Grundfläche von 13,2 m², einem Eigengewicht von 30 t und bei Stoßerregung eine Leistungsaufnahme von 116 KW.

 

Dieses große Fertigungsspektrum von Elektro-Magneten für unterschiedliche Anwendungen wird von zahlreichen Untersuchungen zur Konstruktion und Auslegung der Magnete begleitet. Aus den Ergebnissen ergibt sich u.a. auch die Schlußfolgerung, daß beim Vergleich von Al-Profildrah und Al-Folienband die Vorteile des Profildrahtes mehr Gewicht haben als seine Nachteile. Durch die Verlustleistung erhöht sich die Temperatur der Magnetspulen. Die dadurch entstehende Wärme wurde an zwei Magneten gleicher Abmessung (1200 mm Durchmesser) und gleicher Leistung (220 V, 6 KW) einmal mit Folienband und einmal mit Profildrahtspule untersucht. Beide Magnete wurden bis zum Beharrungszustand der Erwärmung belastet.

 

Die Endtemperatur der Profildrahtspule betrug 97°C, die der Spule aus Aluminiumbandfolie 88°C. Auf die Umschlagleistung bzw. Tragkraft machte sich dieser Temperaturunterschied nicht bemerkbar. Die ausreichende Leiterisolierung ist in beiden Fällen gegeben.

Sicherheit gegen Überspannung. Durch Kabelrisse oder Fehler in der Stromversorgung können in der Magnetspule gewaltige Überspannungen auftreten, die dann leicht zu einem Masseschluß führen können.


Bei den Untersuchungen lag die Durchschlagspannung "Leiter gegen Leiter" für die Bandfolie zwischen 100 und 200 V, bei dem isolierten Profildraht zwischen 5000 und 6000 V. Nach VDE-Vorschrift 0580 ist bei einem 220 V-Magneten für die Prüfung auf Sicherheit gegen Überspannung eine Spannung von 2000 V gegen Masse vorgeschrieben. Profildrahtspulen werden im EVERTZ Magnetbau mit 10.000 V geprüft. Folienbandspulen können nach dem Einbau in das Gehäuse also nicht mit so hohen Spannungen geprüft werden.

 

Tritt bei der Folienbandspule ein Masseschluß auf, hat der Lichtbogen in den meisten Fällen die gesamte Spulenbreite beschädigt, so daß die Spule erneuert werden muß. Bei einer Profildrahtspule sind meist nur einzelne Windungen verbrannt, nach einer Teilreparatur kann sie fast immer wieder eingebaut werden.


Der Ausbau einer eingegossenen Folienbandspule für eine eventuelle Reparatur endet durch die lose gewickelten Windungen meist im Auseinanderfallen der Spule. Bei der Profildrahtspule befindet sich zwischen den Windungen zur besseren Ableitung der Verlustwärme eine Isolierpaste, die Lufteinschlüsse ausschließt. Ebenso kann dadurch die Wicklung nicht auseinanderfallen. Durch die hohe Prüfspannung kann bei Profildrahtspulen auf den Einbau von Varistoren oder auf andere Schutzeinrichtungen gegen Überspannung verzichtet werden.

 

Höherer Füllfaktor bringt nur geringe Vorteile. Folienbandspulen ermöglichen einen höheren Füllfaktor als Profildrahtspulen. Bei der Bewertung dieses Vorteils sind aber einige Faktoren zu berücksichtigen.
Jeder Magnethersteller strebt eine hohe magnetische Flußdichte B an, d. h. eine möglichst hohe Anzahl von Feldlinien, die senkrecht durch eine Flächeneinheit treten. Üblich sind Flußdichten von 2 T (Tesla) und höher. Hohe Flußdichten erfordern eine hohe Feldstärke H in Ampere-Windungen pro Zentimeter (AW/cm).


Legt man die Magnetisierungskurve von Stahlguß zugrunde, dann sind für die Erhöhung der Flußdichte B von 2,0 auf 2,5 T ca. 800 AW/cm erforderlich. Bei einer Erhöhung von 1,5 auf 2 T werden nur etwa 300 AW/cm benötigt.

 

Die Flußdichte ist maßgebend für die Abreißkraft, die z. B. bei einer Polfläche von 100 cm² bei 2 T ca. 1600 kg beträgt, bei 1,5 T nur ca. 900 kg. Ein weiterer Grund für eine hohe Ampere-Windungszahl sind die zu überbrückenden Luftspalte zwischen den Magneten und der aufzunehmenden Last.

Die Anwendung dieser Gesetzmäßigkeiten auf ein Beispiel aus der Praxis zeigt, daß ein durch den höheren Füllfaktor der Folienspule bedingter größerer AW-Wert bei gleicher Leistung nur zu einem geringen Anstieg der Flußdichte führt: Bei einem Luftspalt von 10 mm und einer Flußdichte von 2 T sind ca. 32.000 AW für die Überbrückung erforderlich. Die um 3,9 % größere AW-Zahl der Folienspule bringt nur eine Erhöhung der Flußdichte von 2,13 auf 2,15 T, d. h. um 1%. Damit ergab sich durch die größere AW-Zahl der Folienbandspule kein so großer Vorteil, der ihre Nachteile gegenüber der Profildrahtspule kompensiert. Die Ergebnisse von Untersuchungen sowie die etwa 35jährigen Erfahrungen in der Neuanfertigung und bei der Reparatur von Elektro-Magneten sind der Grund, daß der EVERTZ-Magnetbau seinen Kunden Profildrahtspulen empfiehlt. Sie sind gegenüber den Folienbandspulen auf die Betriebszeit bezogen kostengünstiger, insbesondere in der Instandhaltung. Nur auf Kundenwunsch werden auch Al-Folienbandspulen oder Kupferdrahtspulen eingebaut.

 

Dipl. Ing. Ralf Evertz
Dipl. Ing. Ernst Gapski
Thomas Benner

 

EVERTZ Magnetbau Solingen GmbH & Co. K. G.
    
Stahl Formen Fügen Fertigen    02/2001
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