Egon Evertz bietet weltweit Service für Hüttenwerke

Know-how aus Solingen ist global bei der Erzeugung von Stahl im Spiel: mit Technik oder als Dienstleistung. Mit einem Patent zur schweißtechnischen Reparatur von Gußkokillen begann 1956 die erstaunliche Unternehmerkarriere des Solingers Egon Evertz (heute 62).

Serviceleistungen für Hüttenwerke: Diese Geschäftsidee eines vielseitig begabten Selfmade-Mannes wurde zur Grundlage für eine ganze Firmengruppe. Sie hat allein in Europa 750 Mitarbeiter, die unter anderem in Solingen, Langenfeld, Siegen, Dortmund, Duisburg, Salzgitter, Bremen, Wetzlar und Ijmuiden (Niederlande) tätig sind.
  
Den Strukturwandel flexibel gemeistert
Zu wachsen und über die Jahre auf Erfolgskurs zu bleiben, war freilich nur durch flexibles Reagieren auf den Strukturwandel in der Stahlbranche möglich. Weg vom Block- und hin zum Strangguß hieß seit Mitte der 70er Jahre der technologische Trend, dem Egon Evertz mit zahlreichen weiteren Patenten gerecht wurde. "Wenn Vater nicht den richtigen Riecher gehabt hätte, wären wir womöglich weg vom Fenster", lobt Sohn Ralf (37, Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau) die Weitsicht des Firmengründers. Das Evertzsche Reparaturverfahren wird weltweit in Lizenz noch da eingesetzt, wo Blockguß praktiziert wird. Zum Umsatz der Evertz-Group trägt es nur noch drei Prozent bei. Im Strangguß (continuous casting) als nun führendem Verfahren der Stahlproduktion werden kupferne Rohr- und Plattenkokillen eingesetzt. Sie geben dem Gußstrang seinen Querschnitt: ob flach, rechteckig oder quadratisch. Die Evertz KG liefert diese "Gießmünder" in alle Welt: nach Europa und nach Nord- und Südamerika, in den Nahen und den Fernen Osten. Zum Service gehört stets auch die spätere Überarbeitung, nach der die Cu-Kokille in Sachen Maßhaltigkeit ,,wie neu" ist. Wie beim Gießen ist Technik made by Evertz weltweit auch bei anderen Stahlwerk-Arbeitsschritten dabei. So werden in der Klingenstadt zehn Tonnen schwere Schleifmaschinen gebaut, die an Knüppeln, Brammen und Platten Oberflächenfehler und Verunreinigungen beseitigen. Bei Columbus Steel im südafrikanischen Middelburg etwa schleift eine von drei Evertz-Anlagen täglich 250 Tonnen Edelstahl-Brammen - Vorprodukt für hochwertige Bleche. Dabei fallen fünf Tonnen Späne ab. "Solche Oberflächenbehandlung ist wichtig, um gleichbleibende Qualität zu garantieren", sagt Evertz-Sohn Stefan (34, Diplom-Ökonom). Eine weitere Service-Leistung in Hüttenwerken ist das "Flämmen". Es hat freilich nichts mit dem Abbrennen von Sommerwiesen durch kleine Jungs zu tun. Sondern es ist, wie Edgar Gleisner als Technischer Leiter bei Evertz erläutert, eine Behandlung der Oberfläche: "Unter einem Sauerstoffbrenner wird sie flüssig und damit geglättet."
  
Führen, schneiden, veredeln, transportieren
Zur Evertzschen Produktpalette gehört ferner Stahlwerk-"Zubehör". Dazu zählen Rollen-Segmente, die an Walzstraßen den endlosen Gußstrang führen, ebenso wie Brennschneidmaschinen, mit denen Brammen und Knüppel längs und quer zerteilt werden.
 Brennschneidmaschinen gehören zum Stahlwerkszubehör aus dem Hause Evertz.
Auch Gießpfannen (Füllmenge bis zu 300 Tonnen), Schlackenpfannen oder Konverter sind zu nennen. In letzteren wird der Stahl mit Sauerstoff gereinigt und veredelt. Das "Einschießen" der Zusätze besorgt eine Evertz-Maschine. Es liegt in der Natur der Sache, daß in Stahlwerken schwere Gewichte transportiert werden müssen. Auch dabei sind die Solinger Spezialisten im Spiel. Etwa mit riesigen Stahltransportwagen oder mit Lasthebemagneten. Als "einmalig auf der Welt" bezeichnet Gründer-Sohn Stefan jene zwei von Evertz-Konstrukteuren entwickelten Magnete, die in einem US-Stahlwerk "Coils" (Rollen von aufgewickeltem Blech) nicht nur liegend, sondern auch stehend heben: Letzteres verhindert Beschädigungen und mindert damit die Kosten.
 
Zum Dienstleistungspaket von Evertz gehört vor Ort in den Hüttenwerken auch die Wartung von Produktionsmitteln bis hin zur kompletten Stranggießanlage. Motto: "Unsere Fachleute können das preisgünstiger als die Hüttenwerker." Mit dem, was bereits in Holland und demnächst Belgien praktiziert wird, will Evertz, so Technik-Chef Gleisner, "weltweit Fuß fassen".
 
Auf der am 9. Juni in Düsseldorf beginnenden Fachmesse "Metec 99" präsentiert der noch junge Firmenbereich "Evertz Hydrotechnik" (Werk in Siegen) ein neuartiges Wasser-Walzenkühlsystem. Und der Klopp Maschinenbau, seit 1993 Mitglied der Gruppe, zeigt eine neue Universal-Fräs- und Bohrmaschine mit sieben Achsen zur Bearbeitung von Kupferkokillen zum "Dünnbrammengießen": Dieses erspart als nächste Stufe des Fortschritts Walzvorgänge. Auch hier marschiert Evertz an der Spitze.
   
Solinger Tageblatt vom 08.06.1999